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Tauchen ist ein Klimakiller!

Seit Jahren ist die Kommunikation vieler Reiseanbieter und Airlines zum Klimawandel geprägt von Schweigen und hingebungsvollem Greenwashing. Das ändert jedoch nichts daran, daß auch das Tauchen durch weite Anreisestrecken seinen Teil zum globalen CO2-Ausstoß beiträgt. Warum Tauchen schlecht fürs Klima ist und wir es trotzdem nicht lassen sollten.

Sind wir Klimakiller? Eine kurze Bestandsaufnahme

Glaubt man den unterschiedlichen Zahlen, so trug der weltweite Flugverkehr 3,5 bis 5 Prozent zum gesamten globalen CO2-Austoß bei. In absoluten Zahlen wären das bei einem weltweiten CO2-Gesamtausstoß von 36.702,5 Mio. Tonnen in 2019 also ein Anteil von 1.835 Mio. Tonnen (bei 5% Anteil).
Diese Zahlen verschweigen allerdings, daß man in den nächsten 10 Jahren von einem starken Anstieg auf 10 Prozent des globalen CO2-Austoßes aufgrund von steigenden Fluggastzahlen ausgeht. Auch werden die heutigen Emissionen des Flugverkehrs gerade mal von 11 Prozent der Weltbevölkerung verursacht. Das heißt, 89 Prozent der Weltbevölkerung fliegen bisher noch nicht. Würden diese es sich auch leisten können, könnte man schnell an einer Hand ausrechnen, daß es nicht bei einem Anteil von lediglich 5 Prozent des CO2-Austoßes bliebe. Doch leider ist nicht nur das ausgestoßene CO2 klimawirksam, sondern auch Stickoxide und Wasserdampf. Es scheint daher nahezu unmöglich die Flugbranche in den nächsten Jahrzehnten klimaneutral zu bekommen.
Fliegen ist also ein klimaschädlicher Luxus, den sich in den allermeisten Fällen nur Menschen aus wohlhabenden Ländern leisten können. Für die gesamte Weltbevölkerung ist diese Art der Fortbewegung auf Basis von fossilen Treibstoffen kein zukunftsfähiges Modell.

Tauchen ist ein Klimakiller
Klimakiller Flugreise: 11% der Weltbevölkerung verursachen 3,5-5% des globalen CO2-Austoßes. Doch nicht das Fliegen selbst ist das Problem, sondern der damit einhergehende Ausstoß von Klimagasen.

Was bedeutet das für jeden Einzelnen?

Wie bereits in unserem alltäglichen Leben, sind wir natürlich auch wenn wir zu unseren Sehnsuchtsorten reisen, ein Teil des globalen Klimaproblems.
Machen wir uns doch einmal ehrlich. Wir tauchen auf den Malediven über Korallengärten, die nur noch Ruinen sind, nachdem El Nino in den letzten Jahrzehnten innerhalb der Atolle bereits mehrfach für eine so starke Erwärmung des Wassers sorgte, daß die meisten Korallen dies nicht überlebten und ziehen daraus keine Konsequenzen?
Nicht nur als Taucher sind wir Opfer und Täter in Personalunion.
Dabei sind wir ungewollt hineingeboren in ein System, das zentral auf der Abhängigkeit von fossilen Energien beruht. Wir alle sind jeden Tag abhängig von Energie, Nahrung (die ja auch nur Energie ist), Mobilität (die ohne Energie unmöglich ist) und all den vielen großen und kleinen Dingen und Dienstleistungen, die wir mehr oder weniger für unser Leben benötigen. Unterm Strich läuft es immer darauf hinaus, daß die ursprüngliche Energiequelle eine fossile Basis hat, die CO2 emittiert. Hier gibt es übrigens einen groben Überblick, welche Sektoren weltweit welche Menge an CO2 freisetzen.
Dabei fällt auf: Energiebereitstellung stellte 2019 mit 74% den Megaanteil des Problems dar. Gefolgt von der Landwirtschaft mit 12% sowie industriellen Prozessen, die 10% des CO2 emittieren. Zuletzt folgt die Abfallwirtschaft mit knapp 4%.

Klimakiller Mensch – Täter und Opfer zugleich

Warum wir Täter sind

Der Erfolg der Menschheit basiert auf der schonungslosen Ausbeutung der sie umgebenden Umwelt. Nach neuesten Forschungen sind unsere Vorfahren bei weitem keine Heiligen und die Naturvölker keine frühen Ökos gewesen. Hätte sie die Gelegenheit gehabt, hätte die Menschheit sich vermutlich schon früher an den Punkt geführt, an dem sie heute steht.
Unser Gehirn ist komplett auf das Überleben in einer lebensfeindlichen Welt ausgerichtet. Es liegt so sehr in unserer Natur, alles rücksichtslos zu sammeln und zu fangen, was wir kriegen können, daß uns dieses Verhalten bis heute durch und durch prägt. Deshalb kennt unser Verstand inzwischen zwar die natürlichen Grenzen der Höher-Schneller-Weiter-Doktrin, doch aus diesem Teufelskreis auszubrechen, würde fundamental gegen unsere innerste Programmierung verstoßen. Eine Programmierung, die uns über Jahrtausende hinweg hervorragende Dienste erwiesen hat. Wenn nicht ich den Fisch fange, dann fängt ihn ein anderer, also hole ich ihn mir. Verzicht widerspricht unserer Existenz fundamental.
Oder eben neuzeitlich betrachtet…
Energie wird für wirklich alles benötigt. Von dem Gedanken, der diese Zeilen auf die Tastatur brachte, über die Server, die diesen Text bereitstellen, den Betrieb des eigenen Smartphones, Raumheizung, Beleuchtung, den Antriebsstrom des Zuges, in dem du diesen Text vielleicht liest, den Kaffee, den du vielleicht dabei trinkst…
Ich denke, die Botschaft ist klar. Ohne Energie geht gar nichts.
Und natürlich benötigt nicht nur unsere tägliche Mobilität und Aktivität eine große Menge fossiler Energie, sondern auch die Anreise in die Tauchgebiete. Je weiter diese entfernt sind, desto größer der damit verbundene CO2-Ausstoß. Wie groß dieser ist, kann nach Flugzeugtyp und Strecke relativ genau berechnet werden. Zum Beispiel auf dieser Seite von Atmosfair.
Wir wissen also sehr gut von den Emissionen, die wir durch unsere Aktivitäten ausstoßen. Doch das Wissen schützt uns nicht vor den Taten. Ganz im Gegenteil. Die größten Schäden werden von einer wissenden und vermögenden Bevölkerungsschicht in den Industrieländern mit entsprechend hohen Einkommen und Vermögen angerichtet. Menschen in Entwicklungsländern haben gar nicht die Chance große Schäden anzurichten, weil ihnen dafür schlicht und einfach das Geld fehlt. Stünden wir also wegen Beschädigung des Weltklima als Angeklagte vor Gericht, sähe es mit unserer Verteidigung relativ mau aus.
Kommen wir ganz konkret zurück zu uns Tauchern. Wie alle Touristen verursachen wir also in unserem Urlaub von der Anreise bis zur Rückreise jeden Menge Emissionen. Da wir um die Schäden unseres Handelns wissen, könnten wir es auch lassen. Wir könnten das Tauchen aufgeben und unsere Urlaube auf Balkonien verbringen. Doch wir tun es nicht. Wir machen weiter. Das macht uns eindeutig zu Tätern. Erwischt, mit dem rauchenden Colt in der Hand. Absolut wissend um die Konsequenzen des eigenen Handelns und schuldig im Sinne der Anklage.
Diese, zugegeben etwas provokant aufgewärmte Verzichtsdiskussion aus den frühen Achtzigern, bringt uns und besonders das Weltklima allerdings keinen einzigen Schritt weiter.
Hilfe fürs Klima könnte nur die schnelle, komplette Umstellung der globalen Energieversorgung auf Erneuerbare Energien bringen. Dies allerdings auch nur, wenn diese Umstellung mit der gleichzeitigen Erkenntnis einhergeht, daß unsere Ressourcen nicht ausreichen werden, um die bald 10 oder gar 12 Mrd. Menschen dauerhaft auf unser westlich geprägtes Konsumniveau zu heben.
Oder um Mahatma Gandhi zu zitieren: „Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier.“ (Dies sagte er zu einer Zeit, als die Weltbevölkerung gerade mal etwas über 2 Mrd. Menschen betrug.)
Sind wir also gierig, wenn wir in tropischen Gewässern tauchen wollen oder ist es ein Grundbedürfnis? Diesen Richterspruch darf jeder über sich selbst fällen.

Tauchen ist ein Klimakiller
Hauptproblem: Unsere fossile Energiewirtschaft ist ein Klimakiller.

Warum wir Opfer sind

Wie hoffentlich klar wurde, sind wir mehr oder weniger ungewollt eingebettet in ein System aus fossilen Abhängigkeiten. Machen wir daher ein kleines Gedankenexperiment. Stellen wir uns vor, wir wollen zu zweit mit unserem Tauchgepäck von Frankfurt nach Bali fliegen. In einem Airbus A350 in der Economy würden dabei 2.725kg CO2 pro Person freigesetzt, insgesamt also 5.450kg. Das klimaverträgliche Jahresbudget eines Menschen beträgt aktuell aber nur 1.500kg. Wir würden unser Konto also bereits nur für den Flug deutlich überschreiten.
Spinnen wir unser Gedankenexperiment weiter…
Da wir das nötige Kerosin für unseren Transport leider nicht selbst in einer solar betriebenen Raffinerie herstellen und an die Airline verkaufen können, tun wir das Nächstliegende. Wir kompensieren den Flug bei einem Dienstleister wie Atmosfair. Ob es sich dabei um den aus dem Mittelalter bekannten Ablaßhandel handelt oder nicht, soll hier jetzt nicht diskutiert werden, denn wir wollen weiterkommen in unserem Gedankenexperiment.
Nehmen wir an, es läuft alles korrekt ab und von dem gespendeten Geld werden zum Beispiel Solaröfen in einem Dorf in einem Entwicklungsland angeschafft. Diese Öfen ermöglichen der Bevölkerung ab sofort zu großen Teilen solar und damit CO2-arm zu kochen. Das ändert jedoch nichts daran, daß die große Menge an CO2, wir erinnern uns – 5.450kg nur für den Flug – erstmal in der Atmosphäre ist und dort ihre Klimawirkung entfaltet. Bevor die Kompensation des durch unseren Flug auf einen Schlag ausgestoßenen Kohlendioxids einsetzt, sind wir bereits in 10 weitere Langstreckentauchurlaube geflogen.
Ende des Gedankenspiels. Doch was ist die Konsequenz daraus?

Die Spielregeln müssen sich endlich ändern!

Es ist einfach viel zu billig CO2 in die Atmosphäre zu blasen, weil es nahezu keine Kosten für die Klimawirksamkeit des CO2 gibt. Gäbe es diese Kosten, hätte man das CO2 schon längst in Kreisläufe gezwungen oder es dort, wo es technisch möglich ist, gar nicht erst in die Atmosphäre entweichen lassen.
Getreu nach dem Motto: „Was nichts kostet, ist nichts wert.“
Der über Jahrzehnte viel zu niedrige Preis für fossile Energie ist eine der Ursachen für unseren heutigen, extrem verschwenderischen Lebensstil.
Doch kaum erhöht sich (ungewollt) der Preis der fossilen Energie, etwa durch eine politische Krise oder einen Krieg, so schreien wir wie die kleinen Kinder oder besser gesagt wie ein Junkie auf Drogenentzug und versuchen mit allen Mitteln und Wegen an einen neuen Dealer für den Stoff, der uns am Leben hält zu kommen.
Dabei wäre es schon seit sehr langer Zeit angeraten von der Droge wegzukommen und unabhängig zu werden.
Auch wenn das hier niemand lesen will. Unsere heutigen Flüge in die Tauchurlaube sind viel zu billig. Unser Fleisch an der Ladentheke ist viel zu billig. Das Benzin in den Autotanks ist zu billig. Die Liste ließe sich beliebig lang erweitern.
Was wir brauchen sind faire Preise für Energie. Die direkten und indirekten Subventionen von fossilen Energien müssen baldmöglichst aufhören und es muß ein CO2-Preis festgesetzt werden, der die vollständige Umstellung auf CO2-freie Energieträger ermöglicht.
All dies kann natürlich nicht über Nacht passieren. Dazu braucht es Zeit. Doch die Zeit läuft uns davon. 2015 hat sich die Weltgemeinschaft in Paris darauf geeinigt die Erderwärmung nicht über 2,0 Grad steigen zu lassen. Ein Zugeständnis an die besonders betroffenen Inselstaaten unserer Erde ist es, die Erwärmung möglichst bei max. 1,5 Grad zu halten. Dieser Beschluss ist völkerrechtlich bindend. Doch das Völkerrecht kennt keinerlei Sanktionen, sollte es gebrochen werden.
Wie immer bei solchen Klimakonferenzen gab es natürlich einen bunten Reigen an Sonntagsreden, in denen zahlreiche Zusagen und Ziele formuliert wurden. Würden diese alle eingehalten werden (wonach es momentan leider überhaupt nicht aussieht), würden wir auf ca. 2,7 Grad Erderwärmung zusteuern.
Jetzt könnte man sagen, wegen dieser 0,7 Grad braucht man keinen großen Aufstand machen. Doch leider ist es in der Klimaphysik so, daß wir bereits bei einer deutlich geringeren Erwärmung als diese dystopischen 2,7 Grad drauf und dran sind Kipp-Punkte zu überschreiten, die irreversible Schäden verursachen werden. Und dies sogar, wenn wir alle Emissionen sofort stoppen und das CO2 aus der Atmosphäre entfernen könnten.

Tauchen ist ein Klimakiller

Tauchen in Zeiten der Klimakrise

Kommen wir zu dem Punkt, warum das Tauchen trotz aller dadurch mit verursachten Klimaprobleme dennoch wichtig ist. Wir haben neben dem Klimawandel leider noch eine zweite Krise, die dem Klimawandel laut Wissenschaft in nichts nachsteht. Sie vermutlich, je nach wissenschaftlicher Ansicht, sogar noch deutlich übertrifft. Gemeint ist das weltweite Artensterben. Das Artensterben wird auch vom Klimawandel befeuert, die Ursachen sind aber vielfältiger. Hier spielen auch die Zerschneidung von Lebensräumen, der Verlust von Lebenräumen, Verschmutzung, Überdüngung, Pestizide, Überfischung und viele weitere Faktoren eine Rolle, die allesamt menschengemacht sind.

Klimaschutz kann daher nicht der Grund dafür sein den Artenschutz, der gerade im Meer fast immer nur Hand in Hand mit der Bevölkerung vor Ort zu erreichen ist, aufzugeben. Was geschieht, wenn Tauchtouristen aus Klimaschutzgründen nicht mehr anreisen dürfen?
Die Formel ist simpel und wurde während der Lockdowns zu Beginn der Corona-Pandemie leider an zu vielen Orten bestätigt. Wenn es keine Touristen mehr gibt, denen man die Naturwunder zeigen kann, dann müssen die Naturwunder direkt verwertet werden.
Sprich: Fischschwärme wurden abgefischt, die letzten Haie weggefangen, Anemonen für Aquarien eingesammelt… Auch diese Liste ließe sich noch beliebig weiterführen. Fakt ist, wenn die lokale Bevölkerung durch Touristen nichts mehr verdienen kann, dann müssen andere Quellen her, um den Kindern des Dorfes eine Mahlzeit auf den Tisch zu bringen. Wir haben unsere Natur und dadurch auch uns selbst in Geiselhaft genommen, das ist das große Dilemma unserer Zeit.

Wer darüber hinaus glaubt, Energiepolitik würde maßgeblich von Regierungen festgelegt und könnte durch Wahlen beeinflußt werden, der möge gerne weiter träumen. In Wirklichkeit haben die großen fossilen Konzerne die Claims für die nächsten Jahrzehnte bereits untereinander abgesteckt. Allen voran Qatar Energy, Gazprom, Saudi Aramco, ExxonMobil, Petrobras und viele andere. Wer sich also wundert, warum Klimakonferenzen scheitern, dem sei gesagt, es sitzen einfach die falschen Leute am Verhandlungstisch. Das windelweiche Abkommen von Paris mit seinem 1,5- bzw. 2-Gradziel sollte nie eingehalten werden. Es ist nur ein weiterer Beschwichtigungsversuch. Und die an der Nase herumgeführte Menschheit reagiert wie der Esel, dem man die Karotte vors Maul hält.
Mittendrin sitzen auch wir Taucher, mit unseren „First World Problems“. Wohin soll die nächste Reise gehen? Wo kann ich noch Walhaie sehen, bevor sie ausgestorben sind?
Ist es verwerflich sich das Recht herauszunehmen, bedrohte Tiere nochmals mit eigenen Augen erleben und dokumentieren zu wollen, bevor der Karren – dank sich nicht einigender Staaten und gieriger Konzerne – vollends in den Dreck fährt?

Wenn unsere Welt weiter eine global vernetzte Welt sein soll, dann wird die Flugbranche nicht umherkommen ihre Kraftstoffe zu dekarbonisieren. Die Technologie dafür gibt es. So hat man an der ETH Zürich bereits in Solarreaktoren CO2-neutrales Kerosin hergestellt. Und auch an vielen anderen Universitäten wurden vergleichbare Verfahren entwickelt, um das CO2 aus unseren Flug- und Schiffskraftstoffen zu bekommen. Noch sind die Verfahren preislich nicht konkurrenzfähig zu fossilem Kraftstoff, doch das sollte sich mit einer Besteuerung von CO2 ändern lassen. Und so den Einsatz im Flug- und Schiffsverkehr möglich machen.
All diese Technologien haben aber nur eine Chance, wenn es dafür auch einen Markt gibt. Und den gibt es sicherlich. Denn Reisen zu können, ist eine der größten kulturellen Errungenschaften der Neuzeit. Dies gilt zumindest für einen kleinen Teil der Weltbevölkerung. Diesem kleinen Teil steht es (noch) offen, Menschen, Länder, fremde Kulturen, aber auch den mit Abstand faszinierendsten Teil unseres Planeten, die Unterwasserwelt, selbst erleben zu können. So etwas hat es in der Geschichte der Menschheit noch nie zuvor gegeben.
Die meisten Menschen kennen unsere Ozeane nur aus dem Fernsehen oder von YouTube. Sie werden niemals aus nächster Nähe in die Augen eines Longimanus sehen, wenn er wenige Zentimeter vor der Kamera abdreht und wieder entschwindet, sie werden niemals das große Glück haben mit Buckelwalen zu schwimmen.
Innerhalb der Reisenden stellen wir Taucher eine verschwindend kleine Gruppe dar. Eine Gruppe Menschen, die aus allernächster Nähe und aus persönlichem Erleben davon berichten kann, was es heißt, wenn liebgewonnene Riffabschnitte und Tiere plötzlich nicht mehr existieren.
Wir sehen und dokumentieren die Veränderungen unter Wasser aus allernächster Nähe. Den meisten Menschen von der Gattung Taucher sind die Folgen des Klimawandels also absolut klar. Aber ebenso klar ist auch, daß nichts besser wird, wenn es niemanden gibt, der vor Ort beobachtet, dokumentiert und darüber berichtet.
Auch was die Verbindungen und Kontakte der Menschen über die Landesgrenzen hinaus angeht, sähe es ohne Flugverkehr noch schlimmer in der Welt aus. Denn die schlimmste Weltanschauung ist die Weltanschauung derer, die die Welt nicht kennen. Nichts trägt mehr zur Völkerverständigung bei, als der möglichst frühzeitige Kontakt mit anderen Kulturen.

Klimakiller Fernreise
Ja, das Tauchen an fernen Orten ist ein Klimakiller, aber ganz so einfach ist es dann doch nicht…

Klimakiller… Lange Rede und kein Sinn?

Natürlich trägt das Filmen von Tieren und Landschaften unter Wasser ebenso zum menschengemachten Treibhauseffekt bei, wie zahllose andere Aktivitäten. Egal, ob diese unserem Broterwerb oder unserer Freizeit dienen. Solange unsere Energie fossil basiert ist, sitzen wir in der Klimafalle.
Unsere Filme und Reiseberichte mögen ein schlechter Spiegel für die real existierende Unterwasserwelt sein, doch sie helfen uns zu erinnern. Und daran erinnern werden wir uns in bereits wenigen Jahren müssen, denn manche Studien gehen von einem Verschwinden der Korallenriffe zur Mitte des Jahrhunderts aus. Da wir unter Wasser filmen, weil wir das Meer und alle seine Bewohner darin lieben, schätzen und respektieren und diesen absolut wichtigen und über alle Maße schützenswerten Lebensraum auch Menschen zugänglich machen möchten, die nicht ans andere Ende der Welt fliegen können oder wollen, müssen wir es derzeit noch in Kauf nehmen, daß unsere Aktivitäten mit einem hohen Ausstoß an CO2 verbunden sind.
Unsere Hoffnung ruht derzeit auf baldige technische Lösungen, die den Kohlenstoff innerhalb der nächsten zehn bis fünfzehn Jahre aus dem Flug- und Schiffsverkehr nehmen. Daß dies von weiten Teilen der Wirtschaft und der Politik noch immer nicht gewollt ist – auch wenn diese in ihren Sonntagsreden regelmäßig etwas anderes behaupten – ist uns klar.
Dennoch ist diese Hoffnung, die einzige, die wir derzeit haben. Denn die Wahrscheinlichkeit, daß sich die Menschheit (und damit jeder Einzelne von uns) erstmals seit ihrem Bestehen zurücknimmt, um die Welt für kommende Generationen zu erhalten, ist noch deutlich geringer.

Kampf dem Klimakiller CO2: Nur Erneuerbare Energien lassen sich schnell und kostengünstig hochskalieren, um die größten Schäden am Weltklima zu mildern.

Wenn man selbst etwas verändern will…

Was ist zu tun, um wenigstens halbwegs die Schäden auszugleichen, die unsere Reiseaktivitäten und auch unsere bloßen Existenzen in einem Industrieland anrichten?
Dazu vorab: Klimaschutz ist ein globaler Teamsport. Wenn die überwiegende Mehrheit auf dem Planeten nicht mitmacht, wird daraus nichts.
Natürlich steht es jedem von uns frei, zusätzlich jetzt, im hier und heute etwas für uns selbst zu verändern. Solange du es für dich selbst tust und nicht dabei erwartest damit die Welt zu retten, ist das völlig in Ordnung. Dann hält sich auch die Enttäuschung in Grenzen, wenn es Gazprom oder all den anderen fossilen Konzernen mal wieder egal ist, was du alles für den Klimaschutz in deinem privaten Umfeld machst.
Hier ein paar (nicht perfekte oder vollständige) Vorschläge für den Alltag.

Verzicht – Vom Klimakiller zum Klimaretter

Ja, Verzicht ist nicht zeitgemäß, in der Vergangenheit bereits mehrfach gescheitert und wird nur von sehr wenigen Menschen praktiziert werden. Verzicht ist nicht nur bei uns gesellschaftlich geächtet, dennoch ist der gute alte Verzicht mit Abstand Weltmeister beim Klimaschutz. Daher hier ein paar „Low Hanging Fruits“. Also sofort und relativ einfach umsetzbare Ziele:

  • Verzicht auf Fleisch und Milchprodukte
  • Verzicht auf Fisch und Meeresfrüchte
  • Verzicht auf ständig neue Kleidung
  • Verzicht auf Flugreisen
  • Verzicht auf eigenes Auto
  • Verzicht auf Wege in die Arbeit (Homeoffice)
  • Verzicht auf jährlich neue Elektronikspielereien (v.a. Smartphones)
  • Verzicht auf allgemeinen, unnötigen Konsum
  • Verzicht auf übermäßiges Heizen, eine Raumtemperatur von 20 Grad reicht
  • Verzicht auf Kipplüftung im Winter, nur Stoßlüften!
  • Verzicht auf Standby bei Elektrogeräten
  • Verzicht auf elektrische Wäschetrockner, Wasserbetten usw.
  • Verzicht auf Kinder. Ein Kind verursacht im Laufes seines Lebens in Deutschland durchschnittlich satte 800 Tonnen CO2 (Annahme: 80 Jahre Lebenserwartung, 10 Tonnen CO2-Ausstoß pro Jahr)

Technologie-Umstellung vor der Haustüre

Hier ist es im Alltag schon nicht mehr ganz so einfach wie beim Verzicht. Dennoch muß die nach allen Einsparmaßnahmen immer noch benötigte Energie irgendwo herkommen. Für folgende Dinge sollte man sich also in Freizeit und wenn möglich auch im Beruf engagieren:

  • Ausbau der Erneuerbaren Energien in den Bereichen Wärmeversorgung, Stromversorgung und Mobilität.
  • Effizienzsteigerungen in den Bereichen Wärmeversorgung, Stromversorgung und Mobilität.

Umstellung von Investments

Dieser Punkt ist vielleicht wichtiger als alles andere, denn Geld regiert die Welt. Es macht einen extrem großen Unterschied, ob wir unser Erspartes in den Neubau von Kohlekraftwerken, Straßen, die Erschließung von neuen Ölfeldern, Massentierhaltung usw. oder in den Ausbau der Erneuerbaren Energien stecken.
Es lohnt sich also ganz besonders für die Umwelt und das Klima nicht das Maximum an Rendite aus einer Anlage herausquetschen zu wollen, besonders dann nicht, wenn es eine klimaschonende Alternative gibt.

Zu guter Letzt – Fühle dich nicht schlecht

Der Schutz unseres globalen Klimasystems kann nur funktionieren, wenn alle Staaten der Weltgemeinschaft zügig die von der Wissenschaft seit Jahrzehnten geforderten Maßnahmen umsetzen. Die oben genannten Punkte, bei denen man selbst aktiv werden kann, können nur einen minimalen Beitrag leisten, solange sich die globalen Spielregeln nicht ändern. Dem einen oder anderen mögen sie aber vielleicht das Gefühl geben, selbst etwas getan zu haben. Dies ist aus psychologischer Sicht sicherlich sehr wichtig und kann helfen angesichts der kolossalen Aufgabe nicht in Panik zu verfallen.

„I want you to panic!“, hat Greta Thunberg gesagt. Als Taucher wissen wir nur zu gut, daß dies unser Ende bedeuten würde. Das lernt man schon im OWD-Kurs. Tritt ein akutes Problem unter Wasser auf, muß es auch unter Wasser gelöst werden. Ein Hochschießen zur Oberfläche führt in den meisten Fällen zur totalen Katastrophe. Ähnlich ist es mit unserem Heimatplaneten. Wir müssen unsere Probleme jetzt, hier und heute zügig lösen. Weiteres Zögern, aber auch übertriebe Hektik oder gar Panik führen definitiv zu noch mehr Problemen und schließlich zum Desaster.

Ein Kommentar zu “Tauchen ist ein Klimakiller!

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