„Unterwasseraufnahmen zu korrigieren ist mit das Schwierigste, was ein Colorist machen kann“, Adam Inglis, Colorist der BBC-Produktion Blue Planet II.
Trotz des ernüchternden Zitats eines Profis: Die Farbkorrektur von Unterwasservideos ist komplex, aber nicht kompliziert. Farbkorrektur ist keine Alchemie, sondern ein Handwerk. Man kann sie also erlernen.
Die Grundlagen sind gar nicht so schwer. Oftmals kann ein Urlaubsvideo schon mit zwei, drei Handgriffen gerettet werden.
Für alle, die es eilig haben, zeigen wir in diesem Video-Tutorial wie die Farbkorrektur von Unterwasservideos prinzipiell funktioniert. Alle anderen sind herzlich eingeladen in diesem Artikel tiefer und intensiver in die bunte Welt der Farbkorrektur von Unterwasservideos einzusteigen.
Video: Tutorial zur Farbkorrektur von Unterwasservideos
WICHTIG! Wir zeigen am Beispiel von Final Cut Pro X wie man Farbkorrekturen an Unterwasservideos vornimmt. Doch keine Angst, Final Cut ist nicht unbedingt nötig, um Farbkorrekturen auszuführen. Im Prinzip funktioniert jede beliebige Schnittsoftware, die Kontrast und Farbverteilung grafisch darstellen kann. Hat man das grundlegende Prinzip einmal verstanden, kann man es in der eigenen Schnittsoftware anwenden.
Farbkorrektur von Unterwasservideos
1. Das Problem mit den Farben von Unterwasservideos
2. Kontrast und Farbe von Unterwasservideos korrigieren (einfache Korrektur)
3. Farbkorrektur von Unterwasservideos mittels LUTs (komplexe Korrektur)
1. Das Problem mit den Farben von Unterwasservideos
Dieses Thema haben wir prinzipiell schon in unserer Rubrik „Kompakt- und ActionCams für Unterwasserfilm“ behandelt. Wir möchten es dennoch an dieser Stelle nochmals beleuchten, und das im wahrsten Sinne des Wortes!
Wasser wirkt wie ein gigantischer Blau- bzw. Grünfilter. Je tiefer man hinabtaucht, desto weniger warme Farbtöne sind noch zu erkennen. Diesen Effekt kennt jeder, der schon einmal tiefer als fünf Meter getaucht ist. Gerade deshalb ist die Farbkorrektur von Unterwasservideos besonders wichtig!
Wenn nicht bereits bei der Aufnahme durch geeignete Maßnahmen (Welche diese sind, bitte hier nachlesen: Rotfilter und manueller Weißabgleich) entgegen gesteuert wurde, bekommt man nur grünliche oder blaue Aufnahmen.
Eine weitere Möglichkeit zu grüne/zu blaue Farben unter Wasser zu vermeiden, ist das Ausleuchten der Umgebung mit Videolampen. Auch diese haben natürlich Vor- und Nachteile, die alle hier in diesem Artikel zu Videolicht für Unterwasseraufnahmen nachgelesen werden können. Die zwei wichtigsten Nachteile sind jedoch die Kosten und die beschränkte Reichweite des Lichts.
Doch selbst wenn man bei einer ActionCam einen Rotfilter verwendet oder bei der Kompakt-, System- oder SLR-Kamera einen manuellen Weißabgleich gemacht hat, wird es je nach Tiefe und/oder Wasserqualität sehr oft nötig sein, nachträglich eine Farbkorrektur von Unterwasservideos vorzunehmen.
WICHTIG! Die nachträgliche Farbkorrektur von Unterwasservideos am Rechner ist immer nur die zweite Wahl! Dies liegt daran, daß unsere Kameras 80-90 Prozent der Sensorinformationen – bedingt durch Kompression des Videomaterials – wegwerfen, bevor diese auf die Karte geschrieben werden. Dies gilt zwar nicht für professionelle Kameras, die in der Lage sind Videos in RAW aufzunehmen, doch wir gehen hier von im Amateurbereich verwendeten Kameras aus, die nicht über diese Fähigkeit verfügen und daher schwieriger nachzubearbeitende Aufnahmen ausgeben.
HINWEIS! Auch wenn wir uns hier wiederholen… Daher ist es besonders wichtig, bereits mit möglichst stimmigen Farben aus dem Wasser zu kommen. Unter anderem auch, um später weniger Arbeit am Rechner zu haben und die Farbkorrektur von Unterwasservideos auf ein Minimum zu reduzieren.
2. Kontrast und Farbe von Unterwasservideos korrigieren (einfache Korrektur)
Um die Farbkorrektur eines farbstichigen Unterwasservideos hin zu natürlich wirkenden Farben zu erreichen, genügt es bei vielen Aufnahmen, die in flachem Wasser gedreht wurden nur den Kontrast zu korrigieren.
Hierzu geht man die folgt vor: Wir rufen uns die grafische Darstellung der Kontrastverteilung auf und stellen die Kontrastwerte des zu korrigierenden Videoclips so ein, daß die sehr dunklen Bereiche nie 0 unterschreiten und die sehr hellen Bereiche niemals 100 überschreiten.
Sollte es in dem Unterwasservideo keine schwarzen (dunklen) und weißen (helle) Bereiche geben, etwa bei Aufnahmen von Haien im Blauwasser, so hat es sich als günstig erwiesen bei der Korrektur zwischen 25 für die dunklen Bildbereiche und 75 für die hellen zu bleiben.
Sollte die Aufnahme, was in größeren Tiefen immer der Fall sein wird, noch nicht völlig harmonisch und natürlich wirken, müssen wir dafür sorgen, daß die drei Grundfarben Rot, Grün und Blau gleichmäßig verteilt sind. Auch dafür gibt es eine grafische Darstellung, die wir uns aufrufen müssen.
Bei den meisten dieser Unterwasseraufnahmen wird der Rotanteil sehr gering sein. Was man sofort in der grafischen Darstellung erkennen kann. Rot wird, bei zu grünen oder zu blauen Aufnahmen, grafisch sehr niedrig dargestellt. Dieser Rotanteil muß angehoben werden.
Von Aufnahme zu Aufnahme ist eine solche Anhebung und auch eine Anpassung der Grüntöne und Blautöne nötig. Dieses Vorgehen erfordert oftmals etwas Übung und Erfahrung, zumal sich die Farben bei jeder Veränderung gegenseitig beeinflussen.
Grundsätzlich hat man so aber ein gangbares Tool, um eine einfache Farbkorrektur von Unterwasservideos vorzunehmen.
WICHTIG! Die meisten Amateurkameras nehmen die Videos in 8bit pro Farbkanal, bestenfalls in 10bit auf. Dies bedeutet, daß man nur 256 (8bit) bzw. 1024 (10bit) Korrekturstufen zur Verfügung hat. Übertreibt man es zu sehr mit der Korrektur, will man also beispielsweise das Blau hinter dem Hai noch dunkler machen als verfügbaren Farben bzw. Kontraste es hergeben, handelt man sich unschöne Artefakte (Banding/Stufenbildung) ein.
3. Farbkorrektur von Unterwasservideos mittels LUTs (komplexe Korrektur)
Will man dieses Banding weitestgehend vermeiden, müssen wir uns der komplexeren Korrektur von Unterwasservideos mittels LUTs (Lookup-Tables) widmen. Diese sind zwar kein Allheilmittel gegen Banding, doch man kann die Korrekturen präziser steuern und durch die geschickte Kombination mehrerer Korrekturen noch etwas herausholen, wo die herkömmliche Korrektur versagt.
Doch was ist überhaupt ein LUT? Ein Lookup-Table?
Ein LUT ist im Prinzip ein Preset, auch wenn das vielleicht stark vereinfacht dargestellt ist. Man kann LUTs auf Videos als auch auf Fotos in unterschiedlichsten Programmen zur Farbkorrektur (Color Correction) und zum Color Grading anwenden. Wir benutzen sie ausschließlich zur Farbkorrektur von Unterwasservideos, nicht zu deren Color Grading (stilistische Verwendung von Farbe).
Die Verwendung von LUTs ist eine sehr elegante Methode, da man sich ein solches LUT nur einmal für die verwendete Kamera und die vorhandenen Lichtbedingungen erstellen muß, um so auch zukünftig immer eine gute Ausgangsbasis zur Farbkorrektur unter der jeweiligen Lichtsituation zur Verfügung zu haben.
Wie man sich mit Hilfe von Photoshop ein LUT erstellt, zeigen wir im Detail in diesem extra Beitrag: Farbkorrektur von Unterwasseraufnahmen mittels LUT
Oder in diesem kurzen Video: Tutorial zur Erstellung von LUTs mit Photoshop, speziell für die Farbkorrektur von Unterwasservideos
Kann die eigene Schnittsoftware mehr als ein LUT anwenden, empfiehlt es sich mehrere getrennte Korrektur-LUTs zu erstellen. Das heißt also zum Beispiel ein LUT zur Korrektur des Kontrasts, eines um die Farben wärmer zu bekommen und eines, um die Farben kälter zu regeln und schließlich noch welche, um die Sättigung zu erhöhen oder zu senken.
Je nach Anwendungsfall kann man die nötigen LUTs dann auswählen und in ihrer Stärke angleichen, bis das Ergebnis stimmt.
Final nötige minimale Anpassungen in der Farbkorrektur von Unterwasservideos kann man dann abschließend auf die gewohnte Weise nach Punkt 2 durchführen.
Diese Vorgehensweise einer Kombination aus Kontrast- und Farbkorrektur und dem Vorschalten von LUTs ist sehr aufwendig und zeitintensiv, macht aber oft den entscheidenden Unterschied zwischen einer Aufnahme, die man eigentlich wegwerfen müßte und einem doch noch ganz annehmbaren Ergebnis.
Gerade mit zunehmender Tiefe wächst aber auch der Aufwand bei der anschließenden Farbkorrektur. Daher nochmals der Appel bereits mit möglichst stimmigen Aufnahmen aus dem Wasser zu kommen. Dies heißt konkret bei…
… ActionCams einen Rotfilter für Blauwasser und für Grünwasser einen Magentafilter zu verwenden.
… sofern die Kamera es zuläßt, mit zunehmender Tiefe einen Weißabgleich auf einer Grau- oder Weißkarte durchzuführen.
… wenn das Licht absolut nicht ausreicht, Videolampen verwenden!
HINWEIS! Möchte man etwas tiefer in die Produktion von LUTs und in das Thema Farbkorrektur und Color Grading einsteigen, empfiehlt sich ein Blick auf die Software 3D LUT Creator, die auch erstmal kostenlos getestet werden kann. Sie dürfte derzeit die mächtigste und auch komplexeste Software aus diesem Bereich sein, die über sehr viele elegante Lösungen zu den unterschiedlichsten Problemen verfügt. Aber leider ist sie alles andere als intuitiv.
Hat man die Vorgehensweise aber einmal verinnerlicht (es gibt viele Tutorials bei YouTube), steht der Produktion eigener LUTs mit wenigen Mausklicks aber nichts mehr im Wege. Besonders die artefaktefreie Farbkorrektur von 8bit-Material macht 3D LUT Creator überaus interessant und zu einer Alternative zu den oft komplexen und zeitaufwendigen Modifikationen, die zum Beispiel in Photoshop nötig wären. 3D LUT Creator gibt es für Mac und PC.