Haie gehören zu den wichtigsten Tieren im Ökosystem der Meere. Umso schlimmer ist es, zu sehen wie die Malediven ihren seit 2010 bestehenden, vorbildlichen Schutz der Haie nun aufheben und den Fang von Haien ab November 2025 wieder erlauben werden.
Das Ende des Haifangverbots auf den Malediven – Ein Erklärungsversuch
Malediven erlauben Haifang – BAMM! Zugegeben, das haut rein. Das seit 2010 bestehende Fangverbot von Haien auf den Malediven war nicht nur für uns Unterwasserfilmer in den letzten 15 Jahren mit ein gewichtiger Grund, die eine oder andere Doku dort zu drehen. Einfach auch, weil man dank des Fangverbots eine relativ große Wahrscheinlichkeit hatte, an den strömungsreichen Kanten der Kanäle und Thilas auf Graue Riffhaie, Silberspitzenhai sowie Weißspitzen- und Schwarzspitzenriffhaie zu treffen.
Malediven erlauben Haifang: Ein Film von Robert Marc Lehmann zum Ende des Fangverbots von Haien auf den Malediven, in welchem er sich nach dem Warum fragt.
Heute erinnere ich mich an ein Gespräch mit einem Basenleiter auf einer der damals noch ursprünglichen Malediveninsel, die hauptsächlich vom Tauchtourismus lebten. Das Gespräch fand Anfang 2013 statt. Damals beklagte der Mann, wie der zunehmende Einfluss Chinas auf den Tourismus dafür sorgte, dass es immer mehr Luxusinseln gäbe und sich so die Gästestruktur von Tauchern und Wassersportlern in Richtung All Inclusive Touristen verschieben würde.
In den darauffolgenden Jahren konnte man zusehen, wie mir rasender Geschwindigkeit neue Infrastruktur auf der Flughafeninsel nahe der Hauptinsel Male von chinesischen Firmen hochgezogen wurde. Inklusive einer gigantischen Brücke vom Flughafen nach Male.
Gleichzeitig wurde vom ansteigenden Meeresspiegel betroffenen Inseln, wie den Malediven, aus der westlichen Hemisphäre bei zahlreichen Klimakonferenzen klar signalisiert, dass sie mit ihrem Problem alleine dastünden. Als Konsequenz darauf war für die (durchaus wechselnde) maledivische Führung klar, dass der Erwerb von Land, etwa in Indien, zum Zweck der Umsiedelung nötig werden würde.
Um dies zu finanzieren, ist den Malediven, die übrigens zu den ärmsten der armen Länder dieses Planeten zählen, jedes Mittel recht. Die Partnerschaft mit China, das sich im großen Stil überall auf der Welt einkauft, ist der Regierung also nur recht und billig.
Daher interessiert es die Regierung der Malediven auch nicht, dass zahlreiche Korallenriffe innerhalb Atolle bereits dem zu warmen Wasser zum Opfer gefallen sind. Ziel ist es in den nächsten Jahren genug Geld zu machen, um mittelfristig die Umsiedelung ans Festland stemmen zu können, wenn sie dann eines Tages nötig wird.
Das Ende des Haifangverbots ist auch eine Folge des schwächelnden Tauchtourismus
Als Taucher denken wir gerne, da unsere Reisen so teuer sind, wäre der Tauchtourismus ein riesengroßer Anteil am Tourismus. Dem ist aber nicht so. 2018 konnten wir auf der Insel Medhufushi, die zu 95% von chinesischen Touristen bewohnt war aus erster Hand erleben, wie die Zukunft des (Massen-)Tourismus auf den Malediven aussieht.
Die meisten Touristen aus dem chinesischen Raum, die inzwischen sehr, sehr zahlreich Urlaub auf den Malediven machen, gehen nicht zum Tauchen, geschweige denn vor Sonnenuntergang an den Strand.
Haitaucher sind wiederum nur eine kleine Gruppe unter den tauchenden Touristen. Von etwas Schnuppertauchen für Selfie-Posts vielleicht mal abgesehen, interessieren sich immer weniger Besucher auf den Malediven für Haie oder das Meer. Gefragt sind Luxus und Cocktails im Pool, nicht die ursprüngliche Malediven-Tauchinsel.
In einem offiziellen Bericht (Maldives Third Tourism Master Plan, Situational Analysis) des Ministeriums für Tourismus & Zivilluftfahrt wird angegeben, dass ca. 15 % der Besucher aus dem Ausland angeben, dass Tauchen der Hauptgrund ihres Besuchs auf den Malediven war.
Älteren Statistiken zufolge, die allerdings auch Gelegenheits- und Schnuppertaucher mit einbeziehen, zeigen Zahlen von 45%. Der Trend zu weniger Tauchtouristen auf den Malediven ist also nicht neu…
Malediven erlauben Haifang: Artenschutz als Spielball wirtschaftlicher Interessen
Dies ist alles nicht plötzlich passiert, sondern hat sich in den letzten 15 Jahren so entwickelt. Das bittere Ergebnis bekommen wir, bzw. die Haie aber jetzt präsentiert. Man zahlt in China nach wie vor übrigens sehr viel Geld für Haiflossensuppe. Ein Schelm, der da irgendeinen Zusammenhang sieht…
Aus chinesischer und maledivischer Sicht, ist das Aufheben des Fangverbots für Haie also eine wirtschaftliche Win-Lose-Situation. Haiflossen und Luxus-Resorts für den chinesischen Markt, und damit vermeintlicher Cash für die Maldiven. Das Kapital, in Form von überdimensionierter Infrastruktur in Beton gegossen und durch chinesische Firmen auf die Inseln gestellt, wird durch die nötigen Zinszahlungen nie die Konten von chinesischen Banken verlassen. So funktioniert Kolonialismus im 21. Jahrhundert.
Auf der Strecke bleiben die Haie und alle anderen Arten an den Atollen, sowie die Menschen im Tauchtourismus, die mit Haien bisher Geld verdient haben.
Dies alles ist kein Novum. Artenschützer, die schon etwas länger im Geschäft sind, können dies seit Jahrzehnten überall auf der Welt beobachten. Natur- und Artenschutz sind lediglich Beiwerk, wenn es um wirtschaftliche Interessen geht. Einzig in Sonntagsreden bekommt der Erhalt unserer Natur den nötigen Stellenwert, in der Tagespolitik interessiert der Schutz unserer Lebensräume niemanden.
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