Nicht nur wer unter Wasser filmt, wird früher oder später mit der sogenannten Framerate, der Bildrate, Bildfrequenz oder auch Bildwiederholfrequenz konfrontiert werden.
24, 25, 30, 48, 50, 60 oder gar 120 fps (frames per second) fragt das Menü der Kamera. Da die Entscheidung für die „richtige“ Bildrate oder Bildfrequenz (Framerate) sowohl eine technische als auch eine kreative ist, klären wir hier die Zusammenhänge und sehen uns an, was das nun im Detail für Aufnahmen über und vor allem unter der Wasseroberfläche bedeutet. Am Ende werden wir sogar das Wirrwarr um die „richtige“ Framerate verstehen.
Framerate verstehen:
1. Historisches zur Framerate
2. Auswirkung der Framerate auf das Erscheinungsbild des Films
3. Mehrere Kameras? Kompatibel bleiben!
4. Die optimale Framerate über und unter Wasser?
5. Was tun, wenn das Bild trotz hoher Framerate ruckelt?
1. Historisches zur Framerate
Es hilft leider nichts, wer die scheinbare Verwirrung um die Bildrate, Bildwiederholfrequenz oder einfacher, um die Framerate verstehen will, muß zumindest einmal im Leben gehört haben, wie sie entstanden ist. Machen wir also eine kleine Zeitreise zurück in die Anfänge der bewegten Bilder.
Nach anfänglich niedrigeren Bildfrequenzen, die sichtbares Ruckeln zur Folge hatten, weil man damals noch nicht wußte, daß unser Gehirn eben doch alles, was sich langsamer als 16 Bilder pro Sekunde bewegt nicht als fließende Bewegung wahrnimmt, hatte man sich schließlich auf 24 Bilder pro Sekunde geeinigt. Diese Framerate war hoch genug, um auch schnelle Bewegungen flüssig ablaufen zu lassen. Diese Framerate (Bildrate) von 24 Bildern pro Sekunde ist auch heute noch der Standard für Kinoproduktionen, auch wenn große Regisseure diese „niedrige“ Frequenz immer öfter in Frage stellen.
Seit das analoge Farbfernsehen in Deutschland eingeführt wurde, wird in Deutschland auch im sogenannten PAL-Format gesendet. Dieses hat eine Bildfrequenz von 25 Vollbildern pro Sekunde oder 50 Halbbildern pro Sekunde.
In den USA und vielen anderen Ländern kommt hingegen das sogenannte NTSC-Format mit 30 Bildern pro Sekunde zum Einsatz.
Diese unterschiedlichen Frequenzen beruhen auf den unterschiedlichen Netzfrequenzen im Stromnetz der unterschiedlichen Länder. So haben wir in Europa 50Hz und in Nordamerika 60Hz Netzfrequenz. Zu Zeiten des analogen Fernsehens wurden die Netzphasen als Trigger für den Zeilenprung genutzt.
Im Zeitalter der digitalen Produktionen mit deren anschließender Veröffentlichung auf Plattformen wie YouTube oder Vimeo, haben NTSC und PAL an Bedeutung verloren. Oft ist es jedoch so, daß die Kamera zwingend will, daß man sich für eines der Formate entscheidet.
Häufig stehen dann nach der Auswahl bestimmte Frequenzen nicht mehr zur Verfügung. Hierzu ein Beispiel: Stellt man eine GoPro auf PAL, erlaubt sie nur noch Framerates von 25 oder 50 fps. Stellt man sie auf NTSC um, kann man 30 oder 60 fps auswählen.
Will man also für seine YouTube-Filme unbedingt mit 30 oder 60 fps filmen, ist man gezwungen die Kamera auf NTSC zu stellen, selbst wenn man in Europa lebt. Die Framerate verstehen ist also gar nicht so schwer, sehen wir uns als nächstes die praktischen Auswirkungen an.
2. Auswirkung der Framerate auf das Erscheinungsbild des Films
Adidas oder Puma, Mac oder PC, Coca Cola oder Pepsi, Canon oder Nikon…? Ihr ahnt es schon, die Wahl der Bildrate (Framerate) ist unter anderem auch immer eine Glaubensangelegenheit, denn das Erscheinungsbild unseres Films hängt maßgeblich von ihr ab. Wieso, klären wir jetzt.
Filme, die mit 24 Bilder pro Sekunde (24 fps) aufgenommen werden, haben verhältnismäßig viel Zeit jedes einzelne Bild zu belichten, nämlich maximal 1/24 Sekunde. Eine Regel, auf die wir hier nicht weiter eingehen wollen, weil sie ebenfalls aus den Anfängen des Films stammt und nun mehr verwirren als erklären würde, besagt, daß die optimale Belichtungszeit halb so kurz ist, wie die theoretisch maximal mögliche Zeit.
In unserem Fall also 1/48 Sekunde. Heutige Kameras haben allerdings keine Möglichkeit 1/48 Sekunde als Belichtungszeit einzustellen, also wählen wir die nächstliegende Zeit, nämlich 1/50 Sekunde.
Was bewirkt jetzt diese relativ lange Zeit von 1/50 Sekunde? Jeder, der schon einmal ein Foto von einem bewegten Objekt, bei relativ langen Belichtungszeiten gemacht hat, kann es sich schon denken. Das Bild wird besonders an den Kanten leicht unscharf. Ist das Objekt sehr schnell, wird es sogar völlig unscharf dargestellt.
Genau diese Kantenunschärfe ist es, an die unser „Cineastisches-Sehen“ sich gewöhnt hat. Diese Kantenunschärfe in den Bewegungen unterscheidet unter anderem Film von Video. Warum? Weil Videos heute mit viel höheren Bildraten gedreht werden können. Bei einer Framerate von 60 Bildern pro Sekunde beträgt die optimale Belichtungszeit pro Bild 1/120 Sekunde. Die Kantenunschärfe wird deutlich reduziert, der Bildeindruck entspricht mehr einem künstlichen Bild aus einem Computerspiel als einem Film. Man erzeugt klinisch saubere Aufnahmen, die einen hohen Schärfeeindruck vermitteln. Sehr beliebt sind hohe Framerates bei der Generation YouTube, die sich mit diesem neuen Bildeindruck spielt. Mit der seit gut einhundert Jahren gewohnten Anmutung, die Filme haben, hat das jedoch nichts mehr zu tun.
Die Auswahl der „richtigen“ Framerate ist also auch immer eine kreative Entscheidung. Während man sich mit 24, 25 und auch noch 30 fps im Bereich des „filmischen Filmens“ mit Kantenunschärfe bewegt, sind höhere Bildwiederholfrequenzen eher ungewohnt und neu für den Betrachter.
Framerate verstehen: Dieses Video erklärt anschaulich in wenigen Sekunden den Unterschied zwischen langer und kurzer Belichtungszeit und den Effekt auf den Film:
Doch auch wenn ich mich entscheide meinen finalen Film mit den klassischen 24 fps zu veröffentlichen, haben 60 oder gar 120 fps durchaus ihre Daseinsberechtigung. Nämlich dann, wenn ich beabsichtige Zeitlupen zu machen. So beinhaltet eine Sekunde Film, die mit 24 fps aufgenommen wurde logischerweise nur 24 Aufnahmen pro Sekunde. Mache ich aber 60 Aufnahmen pro Sekunde, kann ich den Film um den Faktor 2,5 verlangsamen ohne, daß mir irgendeine Schnittsoftware Bilder hineinrechnen müßte.
3. Mehrere Kameras? Kompatibel bleiben!
Filme ich nur mit einer Kamera und nur für mich, brauche ich mir um die „richtige“ Framerate eigentlich keine großen Gedanken machen. Ich verwende, was ich will, bzw. von dem ich denke, daß es meinem Projekt gerecht wird. Habe ich aber bestimmte Vorgaben, soll zum Beispiel am Ende eine PAL-DVD dabei herauskommen oder habe ich mehrere unterschiedliche Kameras zur Verfügung, muß ich mich auf eine Framerate einigen. Im Fall der PAL-DVD sind das die 25 fps, die wir schon aus dem analogen Fernsehen kennen.
Die Vorsicht bei den richtigen Bildwiederholraten gilt unter anderem auch, weil nicht jede Schnittsoftware so tolerant wie Apples Final Cut Pro X ist, und eine bunte Mischung aus unterschiedlichen Bildraten verarbeiten kann, ohne am Ende für Stolpler im Bild zu sorgen. Das kann nämlich passieren, wenn man zum Beispiel vogelwild 24 fps mit 50 fps kombiniert.
Man sollte daher immer dafür sorgen, daß die Bildraten „unter sich“ bleiben. Also bei PAL 25 und 50 fps, bei NTSC 30 und 60 fps. Ist man eher ein Verfechter der klassischen 24 fps, aber die Kamera stellt aber keine höheren Bildraten für Zeitlupen in Form von 48 fps zur Verfügung, kann man auch 30, 60 und 120 fps verwenden. Denn eine weitere Regel besagt, daß die Bildraten wenigstens ganzzahlige gemeinsame Teiler beinhalten sollten, damit es später im Schnitt keine Probleme gibt. Dies ist bei 24 und 30, bzw. 24 und 60 fps mit 6 erfüllt, jedoch nicht bei 24 und 50 fps.
4. Die optimale Framerate über und unter Wasser?
Wie wir sehen, gibt es keine optimale Bildrate, weder über noch unter Wasser. Doch es gibt einige Punkte, die wir bei der Entscheidung für die eine oder andere Bildfrequenz berücksichtigen sollten.
Eine Besonderheit, die das Filmen unter Wasser mit sich bringt, ist das oft schlechte und knapp bemessene Licht. Hierbei ist es natürlich ein Vorteil, wenn die Framerate niedrig und somit eine lange, und damit auch rauscharme Belichtung der Einzelbilder gewährleistet ist. Dies wird, wie wir ja schon wissen am besten mit 24, 25 oder 30 fps erreicht. Dafür müssen wir die Kantenunschärfe „in Kauf“ nehmen. Da die meisten Tiere unter Wasser sich aber eher gemütlich bewegen, ist dies oft völlig irrelevant.
Zumal wir ja sowieso die folgenden Entscheidungen treffen müssen, bevor wir abtauchen:
– Wollen wir einen eher filmischen Eindruck (24,25 oder 30 fps) oder einen modernen Computer-Video-Look mit 60 fps erreichen?
– Sind Zeitlupen sinnvoll? Etwa, wenn Haie durch einen Bait-Ball jagen? Dann lieber 60 fps!
– Eine hohe Bildwiederholfrequenz bedingt auch einen höheren Speicherbedarf, da mehr Bilder pro Sekunde erzeugt werden. Reicht dann noch der Platz auf meiner Speicherkarte für den ganzen Tauchgang/Tauchurlaub?
Filme mit sehr hohen Bildraten haben die Eigenschaft bei sehr schnellen Bewegungen im Bild dennoch alles flüssig, ruckelfrei und ohne Bewegungsunschärfe darzustellen. Vermutlich deswegen ist „High Frame Rate Cinema“ mit 48 fps und mehr bei Regisseuren wie James Cameron und Peter Jackson so beliebt. Diese Regisseure lieben Massaker auf der Leinwand und diese sollen möglichst gut zu sehen sein. Ob dies auch bei Unterwasseraufnahmen nötig ist, muß jeder für sich selbst entscheiden, denn DIE optimale Framerate gibt es nicht.
5. Was tun, wenn das Bild trotz hoher Framerate ruckelt?
Framerate verstehen gar nicht so schwer!? Und was ist, wenn mein Video trotzdem ruckelt, obwohl ich doch alles richtig gemacht habe? Kommen wir also zu guter Letzt zu einem Thema, das man immer wieder in Foren antreffen kann, seit ActionCams wie die GoPro so beliebt wurden: Filme, die trotz hoher Bildrate von 60 fps zu ruckeln scheinen. Dies tun sie, wenn man sie bei hellem Sonnenschein schnell über strukturiere Flächen hinwegbewegt. Wie kann das sein?
Dazu müssen wir uns die Besonderheit von ActionCams ansehen. Diese Kameras sind sehr einfach gebaut. Im Prinzip drückt man auf einen Knopf und die Aufnahme startet. Um ISO, Belichtungszeit und Blende kümmert sich die Kamera von selbst. Und genau da liegt der Hund begraben. ActionCams verfügen über keine Möglichkeiten zur Kontrolle der Blende! Sie können diese also nicht schließen, wenn mehr Licht auf den Sensor fällt. Sie können nur die ISO-Zahl nach unten schrauben, doch auch damit ist irgendwann Schluß. Bleibt nur die Belichtungszeit zu verkürzen, um eine Überbelichtung zu vermeiden. Und genau so entsteht das Ruckeln bei hoher Bildrate.
Framerate verstehen: Bleiben wir bei unseren 60 fps. Ein Einzelbild wird optimaler Weise mit 1/120 Sekunde belichtet. Nun ist die Blende aber fix und die ISO-Zahl liegt aufgrund der starken Helligkeit bereits bei 100. Nun kann die Kamera nur noch die Belichtungszeit reduzieren. Dies tut sie auch. Sie geht auf vielleicht 1/1000 Sekunde für die Belichtung eines Einzelbildes. Dies hat zur Folge, daß wir innerhalb einer Sekunde 60 Einzelbilder haben, die alle mit nur 1/1000 Sekunde aufgenommen wurden. Die Belichtung war also nach 60 x 1/1000 erledigt, statt nach 60 x 1/120. Der ganze Vorgang hat also nur 0,06 Sekunden, statt der optimalen 0,5 Sekunden gedauert.
Diese vielen kleinen „Lücken“, die sich insgesamt zu stolzen 0,44 Sekunden aufsummieren in denen sich die Kamera schnell bewegt, aber keine Bilder belichtet, lassen das Ruckeln entstehen.
Dem kann man nur entgegenwirken, indem man dafür sorgt, daß weniger Licht auf den Sensor gelangt und die Belichtungszeiten so wieder steigen. Dies kann man mit dem guten alten Graufilter erreichen, der auch schon zu Zeiten der analogen Fotografie dafür gesorgt hat, daß nicht zuviel Licht auf den Film fiel.
Zum Glück ist dieser Effekt beim Tauchen äußerst selten, da das Wasser eine Art natürlichen Graufilter darstellt und man höchstens in sonnendurchfluteten Lagunen mit diesem Problem zu kämpfen hat. Bei schnellen Fahrten mit dem Tauchboot kann es hingegen schon leichter vorkommen, daß man die Kamera über die Wellen hält und man sich anschließend wundert, warum die Aufnahme scheinbar ruckelt, obwohl man die neue ActionCam doch sogar auf 60 fps gestellt hat.
Framerate verstehen: Schnelle Bewegung, sehr viel Licht und keine Blendensteuerung sind also die Faktoren, die in diesem Fall Probleme bereiten.
Alle anderen für das Tauchen relevante Kameras wie Camcorder, Kompaktkameras, Spiegelreflexkameras und spiegellose Systemkameras verfügen zum Glück über genügend Einstellmöglichkeiten, um diesen seltenen, aber sehr störenden Effekt zu vermeiden.
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